Nils Binnberg
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Süddeutsche Zeitung

März 2013

Für Sie und Ihn

Partnerlook

Man kennt das ja: Männer tragen Schmuck, Frauen Anzüge und beide ein- und dasselbe Parfüm. Unisex war lange ein Ladenhüter – aber urplötzlich wollen alle wieder mitmachen. Miuccia Prada schickte bei der Show ihrer Männerkollektion zuletzt auch Frauen in identischen Labor-Looks über den Laufsteg. Ihre Gleichberechtigung beschert uns das Comeback einer der größten Modesünden – Socken in Männersandalen. Eine Ungerechtigkeit bleibt: Das Prada-Pelzjäckchen gibt es nur für Frauen. Wie gemein.

 

Frauentausch

Hedi Slimane hat sich noch nie um Geschlechtergrenzen geschert. Weil stöckchendürre Frauen ihm damals seine knabenhafte Dior-Homme-Mode aus den Händen rissen, führt er seinen Androgyn-Trip beim Modehaus Saint Laurent fort. Schließlich hat Yves den Smoking für Frauen entworfen! Aktuelles Model für Slimanes Menswear-Kampagne ist das niederländische Top-Model Saskia de Brauw. Die ist vorher schon bei der Show von Givenchy mitgelaufen, als Gothic-Typ. Junge, junge!

 

Oh, boy

J.W. Anderson ist gerade wirklich Everybody’s Darling. Nach einem Job für Topshop wird der irische Designer jetzt auch für die junge Versace-Marke Versus entwerfen, und Anna Wintour liebt ihn sowieso… Woran das liegt? Der Junge macht einfach, was er will – und das verdammt gut. Für den nächsten Winter verwandelt er ein frivoles Sixties-Girl in einen frivolen Sixties-Boy – mit Rüschchen an Shorts, Stiefeln und Bandeau-Tops. Die Botschaft: Raus aus der Komfortzone, Kollege.

 

Seitensprung

Frauen in Männerkleidung – sorry, aber man denkt sofort an die knallharte Business-Frau im Doppelreiher. Dem türkischen Designer Umit Benan aber kommt dabei nur eines in den Sinn: seine große Liebe. „I Once Loved a Woman who Loved Menswear“, lautet das Motto seiner aktuellen Herrenkollektion. Zu sehen gibt es doppelreihige Sakkos mit ungefütterten Schultern, hemdblaue Shirts und klobige Derbys. Ob das eine halbwegs ernstzunehmende Frau tragen will? Durchaus. Der Beweis folgt jetzt.

 

Vaterkomplex

Eine waschechte Moderedakteurin, eine Editorialista wie sie in der Branche heißt, stellt man sich so vor wie die Roitfeld: Zwölfzentimeter-Louboutins, Bleistiftrock, Bluse. Niemals würde man sie in einem Männeranzug sehen. Ihre italienische Stylisten-Kollegin Anastasia-Barbieri hat genau das zu ihrem Markenzeichen gemacht. Ihre gestreiften Blusen – scusi, Hemden -, lässt sie bei Charvet schneidern, Doppelreiher shoppt sie bei Dries Van Noten. Natürlich in der Herrenabteilung.

 

Schneider-Puppe

Was für Frauen Haute Couture, war für Männer die Savile Row? War? Jetzt gibt es das Londonder Label 1205. Gründerin Paula Gerbase kennt beide Seiten und macht mit voller Absicht Mode, die von beiden Geschlechtern getragen werden kann. Für die Winterkollektion hat die Designerin die sartorialen Prinzipien, die sie beim Edel-Schneider Kilgour gelernt hat, auf T-Shirts, Jerseyhosen und Mäntel übertragen. Im androgynen Japan ist Gerbase mit ihrer Damen-Herren-Mode längst ein Star. War ja klar.

 

Neues Patchwork

Das muss man Karl Lagerfeld lassen: Er hat einfach in Händchen für Trends. Europa stöhnt unter der Hitze, Karl baut zur Fashion Week riesige Windräder in das Grand Palais. Zum Finale der Couture-Schauen in Paris zeigte er neulich zwei Bräute mit Kind, wodurch er das Thema Gleichberechtigung im Modebetrieb auch gleich auf ein neues Level bringt. Sollen doch die anderen Frauen in Anzügen und Männer in Rüschchenröcken zeigen. Karls Devise: anything goes, solange es gut aussieht. Tja.

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